Sonntag, 7. Februar 2016

Das Problem will ich nicht! Zeig mir das nächste!

Immer wieder werde ich gefragt, wie es uns inzwischen denn wohl so geht.

Fühlt ihr euch wohl? 
Würdet ihr noch einmal bauen? 
Könnt ihr den Bauträger empfehlen? 
Wie sind die Nachbarn so? 
Alle Mängel beseitigt?

Ich antworte dann mit einem höflichen Lächeln: „Läuft bei uns, zwar rückwärts und bergab, aber läuft“.

Im August 2015 schrieb ich hier über die Fertigstellung unseres Gartens und wieviel Mühe wir uns mit der sogenannten „Retentionsfläche“ gaben, damit keine Staunässe oder gar ein ungewollter Gartenteich durch anfallendes Regenwasser entstehen konnte. 
Glücklich genossen wir den Anblick unseres fertigen Minigärtchens und waren äußerst zufrieden mit unserem Werk.




Diesen wundervollen Zustand löste im Januar 2016 eine leise Stimme ab, die mir  zuflüsterte: 
„Hallo, hier spricht dein Leben. 
Du hast keine Ahnung, was du da tust, oder?“


Zwar haben wir noch immer kein Wasser, aber leider verweigert uns – und den anderen 19 Eigentümern – die Stadtverwaltung unsere Fertigstellungsanzeige.
Warum? Weil unser Garten scheinbar nur auf dem Papier UNSER Garten ist! In Wahrheit gehört er eben jener Stadtverwaltung, auch wenn wir dafür Kaufpreis und Grunderwerbsteuern gezahlt haben und zukünftig Grundsteuern etc. dafür zahlen werden.
Ein Mitspracherecht an diesen Quadratmetern hinter unserem Haus – haben wir nicht.
Die Stadtverwaltung besteht darauf, dass wir auf einer Fläche von 25 qm, jeden einzelnen Quadratmeter mit einem fest vorgeschriebenen Gestrüpp bepflanzen.

Kann nicht sein?
Dachten wir auch.
Ein fataler Irrtum.


Fangen wir mal ganz von vorn an.

In unserem Kaufvertrag von November 2013 ist die hintere Fläche unseres Gartengrundstücks als sogenannte „Retentionsfläche“ für Regenwasser ausgewiesen. Zitat: „Bepflanzt durch Bauträger, Bepflanzung der Fläche gemäß Auflage des B-Plans, Pflanzliste siehe Gestaltungshandbuch“. 
Hinter dieser Fläche ist befindet sich die Vorgabe eine Hecke anzupflanzen. Zitat:  „Hecke gepflanzt durch Erwerber, und dauerhaft zu erhalten“ – wobei an dieser Stelle nicht auf eine Auflage eines B-Plans hingewiesen wird.

Soviel zu den Unterlagen des Kaufvertrages.

Im Bebauungsplan unseres Baugebietes, wird diese Fläche lediglich als „Private Grünfläche 1“ ohne explizite Zweckbestimmung (Zweckbestimmung z.B. Friedhof) aufgeführt und enthält in den „Textlichen Festsetzungen“ den Passus:
Zitat: „Innerhalb der privaten Grünfläche 1 sind die Grünanlagen mit heimischen Gehölzstrukturen in einer Breite von 10,00 m zu bepflanzen und dauerhaft zu pflegen …“
Grünfläche? Grünanlage? Gehölzstrukturen?

Lange Rede, gar kein Sinn.
Wozu 50 qm „Hecke“ in einem gerade mal 70 qm großen Reihenhausgarten???


Einen halben  Monat später, also im Dezember 2013, erhielten wir die Baugenehmigung.
In diesem Dokument war dann plötzlich von einem „Gehölzstreifen“

(Gehölzstreifen sind bewaldete Flächen, deren Längenausdehnung ein  Vielfaches der Breite entspricht. Die Überschirmung beträgt mindestens 7/10. Die maximale Breite von Gehölzstreifen beträgt 50 Meter. Breitere Gehölzstrukturen sind der Kategorie Waldinsel bzw. Waldfläche zuzuordnen)

 die Rede, der in der Breite von 10 m auf 5 m reduziert wurde.  Ebenso wurde dort auf einen „Begrünungsplan“ verwiesen, der Bestandteil der Baugenehmigung sein sollte, der jedoch unseren Genehmigungen nicht als Anlage beigefügt war.

Lange Rede, gar kein Sinn.
Wozu eine 25 qm große „bewaldete Fläche“ in einem 70 qm großen Reihenhausgarten????

Zumal sich auf eben jenen 25 qm bei ordnungsgemäßer „Bewaldung“ eine Wassertiefe von 20 bis 25 cm befindet, in der die „empfohlenen“ Pflanzen keinerlei Überlebenschance haben.

Wo ist der „gekaufte“ Privatgarten hin, der für uns wertvoller Lebens- und Erholungsraum sein sollte?  Ein Lebensraum der für seinen Eigentümer je nach Bedürfnis und Wunsch Möglichkeiten für Wohnen, Essen, Wellness, Entspannen und Freizeitaktivitäten gibt.

Eine Illusion? Reines Wunschdenken? Die Fantasie eines naiven Häuslebauers?

Oder erwarten Stadtverwaltung und Bauträger tatsächlich, dass sich eine Erholung vom Stress des Alltags auf 45 qm realisieren lässt, wenn man weiß, dass die anderen 25 qm mehr als das Dreifache des finanziellen, zeitlichen und körperlichen Aufwands erfordern? Schließlich gibt es seitens der Stadtverwaltung diverse Regeln und Vorschriften für die „Gehölzpflege“…


Ich empfehle jedem, der beabsichtigt ein Reihenhaus bauen zu lassen / zu kaufen, einen tiefen Blick in den Bebauungsplan. Dann bleibt ihm der Nebenjob des Försters erspart. Unser Blick war nicht tief genug oder wir hatten keine Brille auf. Vielleicht war es auch nur die rosarote Brille, die uns zur Unterschrift verleitete, weil wir uns nicht vorstellen konnten, dass es in einem winzigen privaten Reihenhausgarten so etwas wie eine "bewaldete Fläche" gibt.




Du bist in einem Loch? Dann hör auf zu graben!